Überhaupt nichts in diesen Straßen wird ihm jemals weiterhelfen. Selbst wenn es ihn anspringen und zu Boden reißen sollte, wenn es ihn mit einer Pistole bedrohen oder sich in ihn verlieben würde, wenn es … ach, ist doch egal.

Kein Platz in der Stadt. In keiner Stadt. So richtig zuhause fühlt Karl sich nirgendwo, vor allem nicht in seiner eigenen Haut. Als Beamter und Zyniker ist er ständig in Bewegung und doch so träge – bis seine Tage vorsätzlich durcheinander gebracht werden: Falsche Freunde, mysteriöse Vorgänge im Amtshaus und eine neue Nachbarin sind erst der Anfang. Am Ende findet sich Karl in der Rolle seines Lebens wieder: als Mann, der nichts mehr zu verlieren hat.

Und nach dem Ende geht es erst so richtig los …

Nach skurrilen Kurzgeschichten, wilder Literatur-Performance und musikalischen Abstechern überraschte Wolfgang Millendorfer 2017 mit seinem ersten Roman – einem bunten Genre-Mix mit so mancher Falltür.

Das Romanprojekt Kein Platz in der Stadt wurde mit dem Literaturpreis des Landes Burgenland ausgezeichnet.


Aus dem Verlagsprogramm

Entwicklungsroman. In Ordnung. Nur, wer entwickelt sich da? Die Romanfigur? Eher nicht, obwohl … Der Erzähler also. Vielleicht auch der Autor. Mit Sicherheit der Leser.
Gehört der obere Absatz gegendert? Schwer vorstellbar, angesichts der vielen Tunichtgute, Nichtstuer und Machos, die einem in Millendorfers Roman über den Weg laufen. Und die man mag, trotz großer Distanz zu ihnen. Jeder Ge­neration ihr „Herr Karl“? Merz/Qualtinger oder Kafka? Beckett für österreichischen Bedarf? Ein austrifizierter Meta-Roman à la Gide?
Aber mit bildungsbürgerlichen Verweisen hat Millendorfers Text nichts am Hut. (Der Hut übrigens – ein wichtiges Requisit.) Flüssiges Erzählen zunächst, hochkulturfern. Wann sind je Ereignislosigkeit und Langeweile so packend erzählt worden? Bis Karls banale Wirklichkeit im Zinshaus der Großstadt und im Amt der Kleinstadt – ein Pendlerschicksal – nicht mehr banal bleibt, atemlos phantastisch wird, dann doch wieder fast banal. Und schließlich aufhört, Schicksal zu sein, als der Erzähler seine Anonymität aufgibt.
Was zählt? Die Wirklichkeit des Erzählers oder die Karls? Und wenn beide bis zur Unkenntlichkeit zusammenwachsen? Korrektur und Zurücknahme, ein Prinzip: „Alle guten Geschichten beginnen irgendwo anders und enden im Nichts.“ Stimmt das? „Ist doch egal.“ Nein, ist nicht egal. Oder doch? Keine Antwort möglich, solange man Millendorfers Roman nicht gelesen hat.

Reinhart Hosch, Vorstand im P.E.N.-Club Österreich